Geschichte der Kirchengemeinde

Gemeinde

Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts gibt es auf dem heutigen Gebiet der Stadt Xanten zwei reformierte evangelische Kirchengemeinden. Die eine ist 1546 in der neu entstandenen Bauerschaft Mörmter als reformierte Eigenkirche der Familie Quadt-Wickrath entstanden.
Die andere, nämlich die in Xanten selbst, hat 1572 bereits existiert, wie eine Aktennotiz vom 2. März 1592 belegt: „Anno 1572 syn etliche fromme Burgern umb die reine Lehre des h. Evangelii uith der Statt Xancten verdrewen. Item eodem anno hebben wederumb die Religions-Verwandten (so noch overich) ihre Beikumpsten gepflogen und in Christi Nam bis in anno 91 in Heusern hin und widder heimlig gehalten und allda ihre Exercitia Religionis durch Behilf M. Hermann Grevenstein gen. Löwken als ihrer aller Principalen und Vorstender exerciert und continuiert.“ Die Anfänge dieser Gemeinde liegen jedoch im Dunkeln.

Beide Gemeinden wurden erst 1811 pfarramtlich miteinander verbunden, hatten aber noch getrennte Presbyterien. 1993 entsteht dann die Gemeinde Xanten-Mörmter mit einem Presbyterium und zwei Pfarrbezirken. Zwischenzeitlich existierte in Xanten noch eine selbstständige lutherische Kirchengemeinde, die sich 1818 mit der reformierten zu einer Gemeinde zusammenschloss.

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts bildeten die evangelischen Gemeindemitglieder eine Minderheit von kaum mehr als 5 Prozent der Xantener Bevölkerung. In der Nachkriegszeit nahm die Kirchengemeinde zahlreiche Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten auf, was die Gemeinde Xanten um 40 Prozent und die von Mörmter sogar um 70 Prozent wachsen ließ. Mittlerweile liegt ihr Anteil insgesamt bei etwa 20 Prozent.
1972 konnte die evangelische Gemeinde 400 Jahre einer wechselvollen Geschichte seit der ersten Erwähnung von Protestanten in Xanten feiern. Die Feierwoche wurde unter anderem auch dafür genutzt, um über die Zukunft einer Kirche nachzudenken, die zunehmend unter Besucherschwund zu leiden hatte. Ein seitdem immer wieder aktuelles Thema.

Evangelische Kirche Xanten

Politisch gehörte Xanten seit dem 15. Jahrhundert zum Herzogtum Kleve. Anfang des 17. Jahrhunderts erbten dann die Kurfürsten von Brandenburg dieses Herzogtum. Um ihren Anspruch auf das Erbe zu festigen, konvertierten die Kurfürsten vom Luthertum zu dem für sie vorteilhafteren reformierten Glauben. Das hatte tatsächlich Auswirkungen bis an den Niederrhein nach Xanten. Am 12. November 1614 wurde ein Vertrag geschlossen, der zu einer Gleichstellung der reformierten Kirchengemeinde mit der römisch-katholischen führte. Diese offizielle Anerkennung der reformierten evangelischen Gemeinde sollte sich auch nach außen hin sichtbar in einem Kirchengebäude manifestieren.

Mit diesem Bau ist 1647 begonnen worden. Die finanzielle Unterstützung erfolgte durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Als Landesherr konnte er nämlich über Einkünfte aus Stiftspräbenden (Schenkungen) verfügen. So vermittelte er nicht nur den Bauplatz in der Nähe des St. Viktor Doms an der Nordwestecke des Großen Marktes von Xanten. Er gestattete zudem, dass Holz aus den herzoglichen Wäldern verbaut werden durfte. Darüber hinaus benutzten die Xantener Steine aus Sonsbeck. Sie stammten von einem Kastell, das 1641 im Zusammenhang mit dem 30-jährigen Krieg von den Spaniern gesprengt worden war.
Da um die Kirche herum zu wenig Platz für einen Friedhof vorhanden war, wurde bei ihrem Bau ein Totenkeller für die verstorbenen Gemeindemitglieder angelegt.

Am 15. August 1649 feierte die reformierte Gemeinde ihren ersten Gottesdienst in der barocken Predigtkirche. An diesem Gottesdienst nahm auch Friedrich Wilhelm teil, der sich zufällig auf der Durchreise von Kleve nach Berlin befand. In Erinnerung daran feierte die Gemeinde fortan den Sonntag nach dem 15. August als Kurfürsten-Sonntag; die an der Kirche vorbeiführende Straße heißt seitdem ihm zu Ehren „Kurfürstenstraße“. Der Glockenturm wurde erst 1662 – ebenfalls mit Steinen aus Sonsbeck – errichtet.

Evangelische Kirche Xanten

Nach der Mitte des 18. Jahrhunderts verfiel das Kirchengebäude zusehends. Deshalb wandte sich das Presbyterium (damals Consistorium genannt) an Friedrich II., genannt der Große, den Urenkel von Kurfürst Friedrich Wilhelm, der den Kirchenbau seinerzeit förderte, und bat um finanzielle Unterstützung. Tatsächlich erhielt die evangelische Gemeinde in Xanten daraufhin Gelder für die Reparatur ihrer Kirche. Allerdings konnte Friedrich II. der Einladung zum Gottesdienst anlässlich der Wiedereröffnung nicht mehr folgen. Er verstarb am 17. August 1786, sodass aus dem Wiedereröffnungs- ein Trauergottesdienst wurde. Die aus diesem Anlass gehaltene Predigt ist von einem Gönner der Gemeinde in Wesel gedruckt und dem Gemeindearchiv zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschenkt worden.

Aufgrund der Renovierungsarbeiten in der evangelischen Kirche im Jahr 1785 musste diese geschlossen werden und es konnten dort keine Gottesdienste abgehalten werden. Um diese weiterhin durchführen zu können, stellte das benachbarte Stift auf Vermittlung des Kölner Erzbischofs den Reformierten seine Kapelle über dem Michaelstor, dem Zugang zur Stiftsimmunität vom Markt her, zur Verfügung. Um jedoch Rangeleien zwischen den konfessionsverschiedenen Gottesdienstbesuchern auf dem Weg zu ihren Kirchen zu vermeiden, versammelten sich die Reformierten am Nachmittag. Dieses gegenseitige Akzeptieren und damit Respektieren der jeweils anderen Glaubensrichtung ist damit schon früh ein wichtiger Schritt in Richtung Ökumene.

Im Zuge der Renovierung erhielt die Kirche 1785 ihre Empore und die Orgel der Firma Ludwig König und Söhne aus Köln. Des Weiteren wurde in diesem Jahr der Totenkeller als Bestattungsplatz geschlossen.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts versuchte die evangelische Kirchengemeinde erneut Gelder für Renovierungsarbeiten aus dem Hause Hohenzollern (wie sich die Brandenburger mittlerweile nannten) zu erhalten. Das hatte jedoch keinen Erfolg. Zwar bekamen die Xantener Gemeinde keine Gelder, dafür erhielten sie 1899 zum 250-jährigen Jubiläum des Kirchengebäudes eine Altarbibel, die eine eigenhändige Widmung der letzten deutschen Kaiserin Auguste Victoria trägt.

Der Totenkeller, der Ende des 18. Jahrhunderts geschlossen worden ist, wurde erst 1934 beim Einbau einer Heizung wieder geöffnet. Ein Teil dieses Raumes ist dann zunächst als Totengedenkstätte genutzt worden.

Der Zweite Weltkrieg hat der evangelischen Kirche erneut zugesetzt. So hat nicht nur das Gebäude an sich erhebliche Schäden erlitten, sondern auch die Haltung der Gemeinde zum Dritten Reich bleibt unklar. Eine gewisse Nähe zu den Ideen des Nationalsozialismus ist wohl nicht von der Hand zu weisen – sowohl bei den Pfarrern als auch einem Teil des Presbyteriums. Nach einem Totalverlust der Akten für die Zeit von 1928 bis 1945 lässt sich vermuten, dass sie absichtlich vernichtet worden sind, um irgendwelche Zusammenhänge zu verschleiern.

Evangelische Kirche Xanten

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden hauptsächlich die Kriegsschäden am Kirchengebäude und an der Orgel repariert. Gleichzeitig rückte auch die Jugendarbeit mehr und mehr ins Blickfeld. Dafür wurde zunächst der ehemalige Totenkeller als Raum zur Verfügung gestellt. In den 1950er-Jahren wurde dann ein eigenes Jugendheim neben der Kirche errichtet, das heute auch als Gemeindesaal genutzt wird. Die Höhe des Gebäudes entspricht den damaligen Auflagen seitens der Denkmalpflege. So musste der freie Blick von der Kurfürstenstraße aus über den Eingangsbereich des Jugendheims auf den St. Viktor-Dom gewährleistet bleiben.

Im Jahr 1974 wurde das Innere der Kirche wieder auf die Formen einer reformierten Predigerkirche zurückgeführt. So wurde zum Beispiel der Altaraufbau, der 1814 gestiftet worden war, wieder entfernt.

Auf Bilderschmuck wird zudem weitgehend verzichtet, wenn er nicht im Zusammenhang mit Kunst Kultur-Kirche Ausstellungsbestandteil ist.

Weitere Renovierungsarbeiten sind für das Jahr 1975 belegt. Hier erfolgte eine gründlich Überholung des Dachstuhles sowie der Außenwände. Darüber hinaus wurde die unverputzte Rahmung des Marktportals wiederhergestellt. Die König-Orgel (Bild links) aus dem Jahre 1785 wurde 2002 umfangreich restauriert und erweitert und wird nicht nur während des Gottesdienstes, sondern auch bei vielen Konzerten eingesetzt.

Ein Glaskreuz des Künstlers David van der Post schmückt den Abendmahlstisch (Bild Mitte). 2008 erhielt die Kirche eine neue „Laterne“/ Turmspitze (Bild rechts) und einen neuen Außenanstrich.

Weitere Renovierungsarbeiten befinden sich derzeit in der Planung und betreffen hauptsächlich das in die Jahre gekommene ursprüngliche Jugendheim, jetzt auch Gemeindehaus, das dann den modernen Ansprüchen einer vielfältigen Gemeindearbeit gerecht werden soll.

Evangelische Kirche Xanten - Königsorgel
Evangelische Kirche Xanten - Altar
Evangelische Kirche

Kirche Mörmter

Die Architekturgeschichte der Kirche in Mörmter lässt sich erheblich länger zurückverfolgen als in Xanten. So konnte durch archäologische Untersuchungen herausgefunden werden, dass die Kirche aus einer alten Burganlage des 12./13. Jahrhunderts entstanden ist. Teile des Burggrabens sind noch immer sichtbar.

Die Kirche, die heute die Bezeichnung „im Düsterfeld“ trägt (so wurde der ursprüngliche Name für die Burganlage Wuisterrath fälschlicherweise interpretiert), ist eine Vorburg der ehemaligen Burg Mörmter. Die Herren von Mörmter sind erstmals 1277 bezeugt. Die eigentliche Burg Mörmter befand sich in der Nähe des Klosters Mörmter (heute Fazenda Esperanza). 1377 erlaubte das Stift Xanten den Herren von Mörmter nahe der Burg aus eigenen Mitteln eine Kapelle zu errichten und zu unterhalten.

Um 1540 trat Freiherr Dietrich von Bronkhorst und Batenberg als Herr von Mörmter zum reformierten Glauben über und richtete 1564 eine reformierte Pfarrstelle ein. 1647 entschloss sich Stephan von Quadt-Wickrath zusammen mit seiner Frau Johanna Maria von Bongardt ,,zu einer reformierten Kirche zu fundieren‘‘, woraufhin im Jahre 1655 mit dem Ausbau der Burg Wuisterrath (Düsterfeld) zur Kirche begonnen wurde. Später kamen noch das Pfarrhaus, der Friedhof und ein Schulhaus dazu. Die heute noch genutzte Glocke der Kirche stammt aus dem Jahr 1660.

Kirche Mörmter innen

Die jüngsten Renovierungsarbeiten an der Kirche im Düsterfeld betreffen einen neu angelegten Rundweg um das Kirchengebäude herum, sodass die Möglichkeit besteht, das Gebäude in seiner Gesamtheit besser zu erfassen.

Die beiden Evangelischen Kirchen in Xanten und in Mörmter sind nicht mehr nur Orte für Gottesdienste. So wird die Kirche in Xanten durch Ausstellungen und Konzerte mehr und mehr zu einer „Offenen Kirche“ für interessierte Besucherinnen und Besucher. Die kleine Kirche im Düsterfeld ist schon immer für (Fahrrad-)Touristen ein interessantes Ziel gewesen und als Trau- und Taufkirche beliebt.